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Braucht der Mensch überhaupt Kohlenhydrate? Teil 3

 

 

Bodybuilding, Diät und Kohlenhydrate

 

Bei hart trainierenden Sportlern haben wir ganz andere Voraussetzungen: das Stoffwechselprogramm eines hart trainierenden Bodybuilders steuert ein hocheffizientes fettverbrennendes System, in dem Vitamine, Mineralstoffe, Eiweißbausteine, Ballaststoffe, Enzyme und vor allen Dingen Hormone wirken. Selbst hochglykämische und einfache Kohlenhydrate wirken bei ihnen aufgrund des Nachbrenneffekts rund um die Uhr wie Brandbeschleuniger. Körpereigene Fette werden im Feuer der Kohlenhydrate verbrannt. Die Freisetzung der beiden Peptidhormone Insulin und Wachstumshormon ist optimal aufeinander abgestimmt und die Rezeptoren sind hoch sensibel! Die gut entwickelte Muskulatur eines Athleten erhöht den Grundumsatz. Allein zur Aufrechterhaltung aller lebenswichtigen Funktionen, wie die Atmung, Herz-Kreislauf-Tätigkeit, Körperwärme usw., benötigt ein intensiv trainierender Sportler bis zu 70% der Gesamtenergie, je nachdem wie groß seine Muskelmasse ist und inwieweit er das thermogenetische Potential der zugeführten Nahrung nutzt. Darüber hinaus verfügt der Sportler im Vergleich zu Couch Potatoes über eine größere Speicherkapazität für Kohlenhydrate (Glykogenspeicher). Beim Menschen setzt der Umwandlungsmechanismus von Kohlenhydraten in Fette  erst ein, wenn die Kohlenhydratspeicher randvoll sind. Und dafür müsste ein gesunder junger Sportler je nach Trainingsintensität und Veranlagung täglich über mehrere Tage weit mehr als 500g Kohlenhydrate essen!  

 

Ballaststoffhaltige Kohlenhydrate während einer Diät besonders wichtig

 

Ballaststoffhaltige Kohlenhydrate, wie sie im Gemüse und Obst enthalten sind, sind für figurbewusste Sportler und Nichtsportler gleichermaßen wichtig. Diese Nahrungsmittel versorgen den Körper bei relativ geringer Energiedichte auch reichlich mit Vitaminen, Mineralien und sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Hochglykämische Kohlenhydrate mit hoher Energiedichte sollten von ihnen während einer Diät nur sparsam eingesetzt werden. Je später der Tag, desto weniger. Sportler müssen darauf aber nicht akribisch achten. Je höher die Intensität des Trainings, desto mehr Kohlenhydrate werden effizient metabolisiert und für energetische Zwecke genutzt. Nach dem Training sind hochglykämische Kohlenhydrate sogar erwünscht. So können Bodybuilder den eiweissanabolen Effekt des Insulins voll nutzen, ohne Gefahr zu laufen, dass die Kohlenhydrate als Körperfett gespeichert werden. Hardgainer können ihren zusätzlichen Bedarf an kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln mit Getreideprodukten, Reis, Kartoffeln etc. decken. Bei der Auswahl von kohlenhydrathaltigen Erzeugnissen sollten sie aber immer darauf achten, dass sie unverarbeitete bzw. naturbelassene Produkte weiterverarbeiteten bzw. raffinierten Produkten vorziehen. Also z.B. vorzugsweise Vollkornbrot statt Weißbrot, ungeschälten statt geschältem Reis und Obst statt Fruchtsaft zu sich nehmen usw. usf. Um eine möglichst hohe Vitalstoffdichte zu erreichen, wird auf den Genuss von Limonaden, Colagetränken und auf Süßigkeiten nach Möglichkeit ganz verzichtet. Diese Produkte liefern nur „leere“ Kalorien, also Kohlenhydrate, die nicht mit Vitaminen und Mineralien vergesellschaftet sind. 

 

Eine radikale Kohlenhydratreduktion (30-40g pro Tag), wie sie bei ketogenen Diäten angestrebt wird, ist nur in Extremfällen sinnvoll und führt sogar zu Muskelabbau, wenn die Glykogenspeicher nicht in kürzeren Zyklen wieder mit Kohlenhydraten aufgeladen werden. Bei der ketogenen Diät bezieht der Körper seinen Energiebedarf nicht mehr aus Fett und Kohlenhydraten, sondern nur noch aus Fett und daraus im Körper aufgebauten Ketonkörpern als Kohlenhydratersatz.

 

Für Bodybuilder, die Fett abbauen, aber keine Muskelmasse verlieren möchten, sind ketogene Diäten kontraproduktiv, da sie die Aktivität von anabolen Hormonen wie Insulin, IGF1 und HGH beeinflussen. Daher ist es besser, nicht radikal auf Kohlenhydrate zu verzichten. Es reicht völlig, die Kohlenhydratzufuhr während einer Diät auf ca.100g pro Tag zu reduzieren. Hart trainierende Athleten kommen je nach Trainingsintensität und Körpergewicht sogar mit 200-500g besser klar. Auf diese Weise wird auch ein Absinken des T3-Spiegels und des Testosterons verhindert und der Cortisolanstieg wird in Grenzen gehalten. Im Grunde genommen ist alles denkbar von Low Carb bis High Carb, solange man reichlich Protein nimmt und die Energiebilanz negativ ist. Universalangaben sind unmöglich, da sich die Genetik verschiedener Menschen unterscheidet. Wir sind eben nicht alle gleich, wie immer behauptet wird. Bereits kleinste Variationen im PPAR-Gamma Gen können die Insulinsensibilität gravierend beeinflussen. No Carb Diäten, Intermittierendes Fasten und ein großes Kaloriendefizit scheinen für Frauen eher Nachteile zu haben als für Männer. Übertreiben Sie es nicht. Vorsicht bei Extremdiäten! Nicht wenige Sportler haben ihren Stoffwechsel damit völlig zum Erliegen gebracht.  


Kohlenhydrate machen nicht per se dick und krank. Aber zu viele Kohlenhydrate machen sehr wohl dick und krank. Jeder Mensch hat sein persönliches Limit und dieses Limit ist bei Couch Potatoes sehr schnell erreicht. Je intensiver und häufiger man trainiert oder körperlich arbeitet, desto effizienter werden Kohlenhydrate metabolisiert. Deshalb müssen Sportler Kohlenhydrate auch nicht meiden, wie der Teufel das Weihwasser. Bei Wettkampfbodybuildern mit viel Muskelmasse wirken Kohlenhydrate sogar wie Brandbeschleuniger, wenn sie in zeitlicher Nähe zum Training genommen werden. Dennoch ist die Ernährungspyramide mit hohem Kohlenhydratanteil obsolet. Stattdessen sollte der Proteinanteil erhöht werden und ein Teil der Kohlenhydrate gegen gesunde Fette ausgetauscht werden. Mit einer Kalorienbilanz von 40%  KH/30% F/30% E bei ausgeglichener Energiebilanz habe ich persönlich die besten Erfahrungen gemacht und konnte meine Form über Jahrzehnte ohne eine einzige Reduktionsdiät konservieren.

 

Während der Wettkampfvorbereitung sind moderate Low Carb Reduktionsdiäten mit vielen ballaststoffhaltigen Kohlenhydraten (Gemüse, Salate), wie oben beschrieben, für Bodybuilder am besten geeignet, da Muskelmasse weitgehend verschont bleibt. Die Feinabstimmung der Kohlenhydrate kann jeder erfahrene Athlet individuell vornehmen. Im Grunde genommen führt jede andere Reduktionsdiät auch zur Gewichtsabnahme, zumindest kurzfristig, häufig aber auch zu einem großen Verlust von Muskelmasse. 

 

Mehr darüber in meinem neuen Buch "Gesund, fit und schlank - ein Leben lang"!    

 

Copyright Wilfried Dubbels 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Lexi (Montag, 27 März 2017 08:29)

    Danke für die Stimme der Vernunft in einem Meer von
    wirren Empfehlungen. Habe ihr Antiagung-Buch ebenso empfunden.